2008/10/26

Albertina als Aushängeschild Wiens?

Freitag in Wien, späterer Nachmittag. Diese Zeit ausgesucht zu haben, das war sehr unüberlegt von mir. Viele Touristen und Schulkinder, Frauen und Männer jeden Alters stellten sich beim Kartenverkauf an. Trotz des nahtlosen Ablaufs von 2 Kartenverkäuferinnen musste ich 15 Min. warten. Endlich ging ich mit 2 ähnlichen Karten - eine für den Eintritt & eine für den Audioführer - zum Eingang.

 
Eine Kartenkontrolleurin sagte, „Halt!“
Ihre Augen starrten mich an. „Sie können nicht mit einem Rucksack eintreten!“
Ich zeigte meinen sogenannten Rucksack. Er ist sehr klein und ist eigentlich eine Schultertasche, die zu einem Rucksack umfunktioniert werden kann. Währenddessen ging ein älteres Paar durch den Eingang; die von der Frau getragene Handtasche war wesentlich größer.
„Wenn die Dame mit dieser Handtasche eintreten darf, sollte ich auch dürfen“ sagte ich. Die alte Dame mit der größeren Handtasche blieb etwas verlegen kurz stehen und wartete auf die Antwort der Kartenkontrolleurin. Nun jetzt geriet auch die Kartenkontrolleurin in Verlegenheit, lächelte zwanghaft und meinte, „Das hat von vorne etwas größer ausgeschaut. Sie dürfen das seitlich oder vorne tragen“.

Meine Karte wurde erfolgreich abgerissen. Die andere Karte hielte ich fest in meiner Hand und suchte die Audioführerübergabestelle. Bereits etwas unter Zeitdruck fand ich sie im ersten Stock und zeigte der Angestellten meine Karte.
Auch sie starrte mich streng an und sagte, „Für den Eintritt müssen Sie viel mehr bezahlen!“
Sie wies auf meine nicht abgerissene Eintrittskarte. Das verwirrte mich ziemlich.
Aber statt mich zu ärgern versuchte ich ihrer und meiner Logik nachzuhelfen. „Die Kontrolleurin wird wohl die falsche Karte abgerissen haben“ sagte ich und zeigte ihr die abgerissene Audioführerkarte. Sie murmelte etwas, starrte mich nicht mehr an und gab mir die nicht abgerissene Eintrittskarte ohne abzureißen zurück. „Eigentlich könnte ich damit die Ausstellung noch einmal besuchen“, lag mir bereits auf der Zunge, aber das wäre zu provokant für sie gewesen.

Nun blieben mir nur mehr 2 Stunden bis 19 Uhr. Galt auch mein Interesse ausschließlich den van Gogh Gemälden, war das zeitlich trotzdem noch sehr knapp. Meine Tasche an der Schulter hängen zu lassen, ging mir langsam auf die Nerven. Wie soll man sich so zwischen vielen Leuten unaufdringlich stellen oder bewegen? Ich wollte mich noch schmäler machen und schließlich hing die Tasche wieder am Rücken.
Jemand klopfte auf meine Schulter. Eine weitere Angestellte starrte mich in bereits gewohnter Strenge an und sagte, „Hier ist ein Rucksack verboten!“ Nicht schon wieder… antwortete ich innerlich. Geäußert habe ich mich mit einem schlichten, „OK“.

Aber das war doch nicht ganz OK. Ständig fühlte ich hinter mir jemand und dieser jemand war die Angestellte mit der Rucksackwarnung. Das war das allererste Mal, die echten Bilder von van Gogh sehen zu können, für mich also ein großes Ereignis. Mit großer Mühe konzentrierte ich mich auf die Gemälde, aber nach jeder Bewegung fand ich diesen Schatten hinter meinem Rücken.
Hilfe…sie verfolgt mich!

Öfters schaute ich auf meine Uhr und beeilte mich, alle Gemälde zu sehen. Am Schluss hatte ich ohnehin keine Zeit mehr für den Audioführer. 5 Minuten vor der Schließung klopfte der „materialisierte Schatten“ wieder auf meine Schulter und sprach mich an: „Das Museum schließt jetzt! Bitte gehen Sie!“
Während andere Besucher sich die Gemälde ansahen - dem äußeren Eindruck nach manche sogar mit geringem Interesse - war ich vermutlich die „Verdächtige“ in Person!? Ich ignorierte die exklusive Aufforderung und versuchte die letzten 5 Minuten bis Punkt 19 Uhr die Gemälde in meinem Herzen festzuhalten.

In Wien ist mir öfter aufgefallen, dass sich die Tourismusbranche nicht gerade freundlich gegenüber den hier ansässigen Ausländern verhält. Dieser Umstand ist genauso lächerlich wie die tausend kitschigen Souvenirs, für die sie sich nie schämen.

Wenn Vincent selbst heute dieses Museum besuchen hätte wollen, hätten diese Damen ihn überhaupt eintreten lassen?

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